Linksrum - Woche 10/2018

Grossratsgeflüster

zugespitzt

Grossratsgeflüster vom 28.02.2018

von Nina Schläfli, Kantonsrätin Kreuzlingen und Parteipräsidentin

Die grossen Ratsdebatten um umstrittene politische Gesetzesrevisionen sind für den Moment vorbei, die beiden Februarsitzungen waren geprägt durch die Erledigung angestauter Geschäfte wie Interpellationen, kleiner Gesetzesrevisionen und Konzepte.

Die Debatte zum kantonalen Sport- und Freizeitanlagenkonzept (KASAK) verlief unaufgeregt, die Fraktionen waren mehr oder weniger einverstanden und die Fraktionsprecher und -sprecherinnen kritisierten das Konzept meistens aus der Perspektive ihrer Lieblingssportarten. Es resultierten mindestens zwei Erkenntnisse aus der Diskussion: Erstens haben wir nun ein weiteres kantonales Konzept. Zweitens gibt es im Thurgau sehr sportliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier (was sich aber nicht unbedingt in Fair Play niederschlägt, wie wir in den weiteren Debatten leider erfahren mussten).

Eine längere Diskussion wurde anschliessend über einen Antrag zweier SVP-Mitglieder geführt. Sie forderten die Erstellung eines Berichtes über die Stellenentwicklung in den verschiedenen Ämtern des Kantons. Unsere Fraktion lehnte den Antrag grossmehrheitlich ab, weil die Forderungen der SVP zu sehr in die operative Tätigkeit des Regierungsrates eingreifen. Die Fraktionssprecherin Barbara Kern brachte es in ihrem Votum auf den Punkt: "Personalpolitik ist Exekutivarbeit". Die Ratsdebatte drehte sich vor allem um das Thema Transparenz. Auch unsere Fraktion ist natürlich der Meinung, dass Transparenz eingefordert werden kann und muss. Wir kamen aber zum Schluss, dass der geforderte Bericht in dieser Ausführlichkeit das falsche Mittel ist. Personalpolitische Punkte wie Stellenetat oder Personalkosten können nämlich schon heute in der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission diskutiert werden. Mit dieser Position unterlagen wir in der Schlussabstimmung deutlich, der Antrag wurde durch eine Mehrheit des Grossen Rates genehmigt.
Das widersprüchliche Verhalten der SVP gibt immer wieder Anlass zum Staunen, in diesem Vorstoss gleich doppelt: Erstens sind die SVP-VertreterInnen als scharfe Sparer bekannt, fordern aber einen Bericht, der Aufwendungen von etwa 15'000 bis 20'000 Franken zur Folge haben wird. Zweitens gab es während der Diskussion auffällig viele Forderungen für eine transparentere Politik. Bei beiden Initiativen, die echte Transparenz in der Politik fordern (die nationale Transparenzinitiative sowie die kantonale Initiative zur Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes) unterstützt die SVP offiziell aber nicht. Wir werden sie in den kommenden Diskussionen daran erinnern.

Die zweite längere Diskussion der Sitzung folgte gleich darauf: Die Interpellation von Dominik Diezi (CVP) und Martin Salvisberg (SVP) zum kantonalen Finanzausgleich und dem zweiten Wirkungsbericht. Die Interpellanten stellten viele interessante, aber auch hoch komplexe Fragen an die Regierung und forderten u.a. einen Einbezug der Sozialhilfe in den horizontalen Finanzausgleich (also einen finanziellen Lastenausgleich unter den Gemeinden. Bisher unterstützt der Kanton einzelne Gemeinden mit hohen Sozialhilfekosten, dieses Verfahren nennt man "vertikaler Finanzausgleich").
Die Diskussion verlief aus unserer Perspektive und zu diesem emotional aufgeladenen Thema über weite Strecken erstaunlich vernünftig. Zwei Ausreisser gab es dennoch zu beklagen: Die beiden SVP-Kantonsräte Brunner und Zimmermann bedienten sich tatkräftig in der untersten Schublade. Bei letzterem, der minutenlang ein Plädoyer gegen die Zentrumsgemeinden hielt, standen mir nicht nur als Sozialdemokratin, sondern auch als Städterin alle Haare zu Berge. Unsere Fraktion war mit der Antwort des Regierungsrates fast zufrieden: Einverstanden waren wir mit der Erkenntnis, dass der Finanzausgleich in den letzten Jahren die Lage der Landgemeinden gemildert hat und mit dem Versprechen, dass die Lasten der Zentrumsgemeinden überprüft werden sollen. Nicht einverstanden waren wir hingegen mit den Schlüssen des Regierungsrats, der sich weiterhin aus der finanziellen Verantwortung zieht und so die Entsolidarisierung unter den Gemeinden fördert (z.B. auch in den Schulfinanzen). Das Fazit des Fraktionssprechers Christian Koch war deswegen auch: "Handlungsbedarf ist erkannt, nur sollten auch Taten folgen".
Die Themen Sozialhilfe und Finanzausgleich werden uns noch eine Weile begleiten, verschiedene Botschaften und Vorstösse wurden in diesen Bereichen bereits angekündigt.

Weil der Vorstossstau fast abgetragen wurde und kaum neue Botschaften anstehen, fällt die letzte Sitzung in Weinfelden aus. Ende März zieht der Grosse Rat wieder nach Frauenfeld um, wo wir durch die Anwesenheit des aktuellen Nationalratspräsidenten Dominique de Buman beehrt werden.

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