Linksrum Abstimmen - Woche 45/2016

Buchmesse

zugespitzt

Die Frankfurter Buchmesse als politischer Ort?

von Marianne Sax, Kantonsrätin Frauenfeld und neues Redaktionsmitglied des Linksrums

Meinungsfreiheit. Pressefreiheit. Publikationsfreiheit. Das sind die Zauberworte, welche auf der Frankfurter Buchmesse immer wieder gesagt und auch gehört werden. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wurde nicht müde, zu betonen, wie wichtig diese Freiheiten sind. Heinrich Riethmüller, der Vorsteher des Börsenvereins, zitierte während der Eröffnung vor versammelten Ehrengästen, Königen und Parlamentariern einen Brief, den die Gefangene Asli Erdogan aus ihrem Kerker in der Türkei schmuggeln konnte:

"Aus einem Gefängnis, einem Frauengefängnis zwischen einer Psychiatrie und einem ehemaligen Lepra-Krankenhaus, rufe ich heraus zu euch Literaten. Hinter Steinen, Beton und Stacheldraht rufe ich - wie aus einem Brunnenschacht - zu euch: Hier, in meinem Land, lässt man mit einer unvorstellbaren Rohheit das Gewissen verkommen. Dabei wird gewohnheitsmäßig und wie blind versucht, die Wahrheit zu töten. Auch wenn ich nicht weiß, wie, aber die Literatur hat es immer geschafft, Diktatoren zu überwinden. Die Literatur, die wir mit unserem eigenen Blut schreiben, denn diese ist für mich die Wahrheit. Herzliche Grüße, Asli Erdogan."

Ein kalter Hauch wehte durch den Saal. Vor wenigen Jahren war die Türkei Gastland an der Buchmesse, Asli Erdogan war eine der eingeladenen Autorinnen. Ihre Gesundheit ist bereits seit den 90er Jahren ruiniert, denn sie wurde schon damals als Kurdin und Schriftstellerin ins Gefängnis geworfen und gefoltert.

In vielen Ländern wird die Meinungsfreiheit mit Füssen getreten. Autorinnen, Verleger und Buchhändlerinnen gehören stets zu den ersten Opfern repressiver Staaten. Es ist zu hoffen, dass die hartnäckigen Interventionen der Verbände bei der Politik und den Medien Wirkung zeigen. Damit die Literatur die Diktatur überwindet.

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