Linksrum Woche 39/2016

Schuldiskussion

zugespitzt

Lehrplan 21 - einige Gedankenzüge

von Franco Bucca

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Genossinnen und Genossen

Nichts hat so viele Wellen geworfen, wie der Lehrplan 21 und vieles wurde bereits geschrieben und gesagt.

Nun kommt einer, ein in dieser Sache völliger Leihe, und will auch noch seinen Senf dazugeben?!? Aber keine Angst, ich habe nicht vor, euch mit Thesen und Fakten einzulullen, sondern ganz einfach und mit eigenen Worten das zu beschreiben, was mich so beschäftigt am Ganzen.

Es ist wahrlich in meinen Augen ein Meisterwerk diese 487 Seiten, wo der ganze Ablauf des neuen Lehrplans beschrieben wird. Manche finden es sei zu viel des Guten und die Kernpunkte, nämlich das Lernen der Kinder, wird links liegen gelassen. Ich glaube, dem ist nicht so!

Es wird sehr minutiös und genau beschrieben, was für Kompetenzen dem Lehrer und den Schülern gegeben werden soll. Dabei wird die Leitidee für eine Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) verfolgt. Diese beinhaltet die Zielvorstellung, dass für die Befriedung der materiellen und immateriellen Grundbedürfnisse aller Menschen heute und in Zukunft eine solidarische Gesellschaft und wirtschaftliches Wohlergehen notwendig sind. Zur Umsetzung dieser Leitidee bedarf es vielfältiger politischer, ökonomischer, ökologischer, sozialer und kultureller Entwicklungen, welche in einem globalen Umfeld verfolgt werden müssten.

Was soll daran so falsch sein, dass auch den Kindern bereits gewisse Kompetenzen und Entscheidungen übertragen werden? Jeder hat bis zu einem gewissen Grad die Chance, etwas gestalterischer in seinen Lernphasen zu sein. In dieser schnelllebigen und sich rasch verändernden Welt ist es meines Erachtens wichtig, dass man sich bereits ein wenig darin zurecht findet und zwar möglichst früh.

Ein wichtiger Punkt, den der Lehrplan 21 erfüllt, ist die Harmonisierung der Bildung. Harmonisierung heisst übrigens nicht, dass sämtliche Regelungen vollständig und einheitlich auszugestalten sind. Harmonisieren heisst, die existierenden verschiedenen Regelungen unter Wahrung der kantonalen Selbstständigkeit einander anzugleichen. Jeder Kanton bleibt weiterhin frei bei der Unterrichtsorganisation, die Stundentafeln, die interne Strukturierung der Sekundarstufe I, die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen sowie die Auswahl der Lehrmittel. Auch das Sprachenkonzept der EDK erfüllt den Auftrag der Bundesverfassung zur Harmonisierung (nicht Vereinheitlichung!) der Ziele der Schulstufen. Dazu gehört auch das Frühfranzösisch - wohl gemerkt nach Deutsch die wichtigste Landessprache in der Schweiz! Je früher diese wohl etwas schwierige Sprache erlernt wird, desto einfacher wird es eines Tages sein, andere Sprachen zu erlernen (Nebenbemerkung: Englisch als Weltsprache wird im Alltag sehr oft angewendet und deshalb praktisch «automatisch» erlernt).

Das Wichtigste noch zuletzt: Der Lehrplan 21 wurde nicht einfach so in einer Nacht- und Nebelaktion erfunden, sondern er entstand in mehreren Schritten. Die Lehrerschaft, die Fachwelt und interessierte Öffentlichkeit wurde im Rahmen von Vernehmlassungen, Tagungen und Hearings miteinbezogen. Dabei gingen im Vorfeld hunderte von Stellungnahmen ein, die auch ausgewertet und weitestgehend berücksichtigt wurden. Das Medienecho war, wie wir unlängst wissen, sehr gross und kontrovers. Somit hat die nötige öffentliche Diskussion bei weitem stattgefunden.

Nun ist es an der Zeit, dieses Werk endlich umzusetzen! Dass dabei nicht alles perfekt sein kann, liegt wohl in der Natur unseres Daseins! Oder behauptet jemand, es gibt etwas Perfektes auf dieser Welt?


Franco Bucca
Präsident SP Bezirk Kreuzlingen, Redaktionsmitglied Linksrum


Franco Bucca organisiert zusammen mit Andrea Epper und Nina Schläfli am Mittwoch 05. Oktober ein SP Stadtgespräch zum Lehrplan Volksschule Thurgau und der Schulinitiative, über welche am 27. November abgestimmt wird. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr im Torggel in Kreuzlingen. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion gibt es einen Apéro, an dem die Möglichkeit besteht, sich im Rahmen von «mitenand rede» mit dem Autor über diesen Text direkt auszutauschen. Komm vorbei oder schreibe uns deine Meinung per Mail.

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